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Mikrozensus und andere Haushaltserhebungen: Ziele, Aufgaben, Methoden

Mikrozensus (MZ) und Arbeitskräftestichprobe der Europäischen Union (LFS)

Der Mikrozensus ist eine repräsentative Haushaltsbefragung der amtlichen Statistik in Deutschland. Rund 830.000 Personen in etwa 370.000 Privathaushalten und Gemeinschaftsunterkünften werden stellvertretend für die gesamte Bevölkerung zu ihren Lebensbedingungen befragt. Während bei den Volkszählungen eine totale Bestandsaufnahme der Bevölkerung erfolgt (zuletzt Volkszählung 1987 und Zensus 2011), wird beim Mikrozensus (auch „kleine Volkszählung“ genannt) eine 1-prozentige Teilmasse auf der aktualisierten Basis der jeweils letzten Volkszählung in die Erhebung einbezogen, die nach einem mathematischen Zufallsverfahren ausgewählt werden. Im Land Bremen werden jährlich rund 4.300 Haushalte befragt.

Der Mikrozensus wird seit 1957 in (West-)Deutschland und seit 1991 in der gesamten Bundesrepublik jährlich als Bundesstatistik mit Auskunftspflicht durchgeführt. 1968 wurde die EU-Arbeitskräftestichprobe (Labour Force Survey – LFS) in den Mikrozensus integriert.
Von 1957 bis 2004 wurde der Mikrozensus in der Bundesrepublik Deutschland als jährliche Stichprobenerhebung über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt nach dem Konzept der festen Berichtswoche (feiertagsfreie Woche im März, April oder Mai) durchgeführt. Seit Beginn des Jahres 2005 werden die Haushaltsbefragungen im Mikrozensus als unterjährige kontinuierliche Erhebung gleichmäßig auf alle Kalenderwochen des Jahres verteilt durchgeführt und die Haushalte innerhalb von fünf aufeinander folgenden Jahren bis zu viermal befragt.

Zweck dieser repräsentativen Haushaltebefragung ist es, statistische Angaben in tiefer fachlicher Gliederung über die Bevölkerungsstruktur, die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung, der Familien und der Haushalte, den Arbeitsmarkt, die berufliche Gliederung und die Ausbildung der Erwerbsbevölkerung sowie die Wohnverhältnisse bereitzustellen.

Neben dem jährlichen Grundprogramm werden alle vier Jahre zusätzlich MZ-Zusatzprogramme u. a. mit Fragen zur Krankenversicherung, Gesundheit, Migration, für Erwerbstätige Fragen zu Schichtarbeit, überwiegend ausgeübte Tätigkeit; Betriebs-/Werksabteilung und Stellung im Betrieb, zu Pendlern (Erwerbstätige, Schüler und Studierende) und zur Wohnsituation durchgeführt sowie jährlich EU-ad-hoc-Programme mit wechselnden Themen.

Haushalte, die zum letzten Mal im Mikrozensus befragt worden sind, werden von den Mikrozensus-Interviewern für die Dauerstichprobe angeworben. Haushalte Heute ist eine freiwillige Zusammenarbeit zwischen privaten Haushalten und der amtlichen Statistik. Die Teilnehmer/-innen haben sich dazu entschieden, hin und wieder an Umfragen der amtlichen Statistik mitzuwirken. Haushalte Heute ermöglicht es, auf freiwilliger Basis Umfragen durchzuführen, die Informationen zu wichtigen Themengebieten liefern. Im Rahmen von Haushalte Heute werden z. B. Erhebungen durchgeführt, die sich auf die Beschreibung der konkreten Lebenssituation von Haushalten in Deutschland beziehen (z. B. EU-SILC und IKT).

Die teilnehmenden Haushalte erhalten jährlich einen Fragebogen zur Aktualisierung ihrer Daten. Die Zusammenarbeit ist mit keinerlei Verpflichtung verbunden und kann jederzeit beendet werden.

EU-SILC ist eine europaweit durchgeführte Statistik über Einkommen und Lebens-bedingungen von privaten Haushalten (European Union Statistics on Income and Living Conditions), die in Deutschland seit 2005 unter dem Namen „Leben in Europa“ erhoben wird.

In Deutschland werden für EU-SILC jedes Jahr rund 14.000 Privathaushalte befragt, darunter rund 150 im Land Bremen. Die Haushalte werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Für die Auswahl kommen nur Haushalte in Betracht, die sich im Rahmen der Dauerstichprobe „Haushalte Heute“ freiwillig zu einer Zusammenarbeit mit der amtlichen Statistik bereit erklärt haben. Die ausgewählten Haushalte werden in maximal vier aufeinanderfolgenden Jahren befragt. Auf diese Weise ist es möglich, individuelle Lebenswege über mehrere Jahre hinweg zu beschreiben. So können Veränderungen, z. B. der Eintritt ins Rentenalter, Veränderungen durch Arbeitslosigkeit oder der Einfluss durch eine Geburt besser untersucht und verstanden werden. Auch wenn sich bei den Personen die Verhältnisse nicht ändern, ist eine Teilnahme über mehrere Jahre unerlässlich, um untersuchen zu können, wie sich die Lebensbedingen der privaten Haushalte entwickeln.

Die Befragung wird von den Statistischen Ämtern der Länder in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt durchgeführt. Die Haushalte füllen einen Haushaltsfragebogen und für jedes Haushaltsmitglied, das 16 Jahre oder älter ist, einen Personenfragebogen aus. Die Erhebungsbogen enthalten sowohl Fragen zur Haushaltszusammensetzung, zur Wohnsituation, zum Einkommen und zur Erwerbstätigkeit als auch jährlich wechselnde Module, in denen es z. B. um die Einschätzung des eigenen Wohnumfeldes oder der persönlichen Lebenssituation (z. B. Gesundheit, Wohlbefinden, Freizeitaktivitäten) geht.

Für ihren Zeitaufwand erhalten die Haushalte im Land Bremen als finanzielle Anerkennung für die Führung des Haushaltsfragebogens 15 Euro und für jeden ausgefüllten Personenfragebogen ebenfalls 15 Euro.

EU-SILC ist die erste amtliche Erhebung, die EU-weit harmonisierte und vergleichbare anonymisierte Mikrodaten und Indikatoren über die Lebensbedingungen der Bevölkerung in der Europäischen Union als Basis für eine effiziente und zielgerichtete EU-Sozialpolitik liefert. Sie wurde entwickelt und eingeführt, um die Fortschritte der Mitgliedstaaten in Bezug auf das beim Europäischen Rat von Lissabon im Jahr 2000 formulierte Ziel der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung messen und bewerten zu können. Hierfür wurden Indikatorensets zu Einkommen, Armut und sozialer Ausgrenzung definiert, mit denen der Zielerreichungsgrad gemessen wird.

Nationaler Erhebungszweck ist neben der Erfüllung der entsprechenden EU-Verordnungen die Bereitstellung jährlich verfügbarer amtlicher Querschnitts- und Längsschnittindikatoren zu monetärer Armut und nichtmonetären Aspekten von Deprivation, die auch Eingang in die Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung finden.

Die Befragung über private Haushalte in der Informationsgesellschaft ist eine seit 2002 jährlich in den EU-Mitgliedstaaten durchgeführte Erhebung zur Nutzung bzw. Nichtnutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien. In Deutschland werden jährlich bis zu 12.000 Haushalte und die in diesen Haushalten lebenden Personen befragt.

Im Land Bremen nehmen rund 100 Haushalte freiwillig an der Befragung teil. Für ihren Zeitaufwand erhalten die Haushalte im Land Bremen als finanzielle Anerkennung für die Führung des Haushaltsfragebogens und der ausgefüllten Personenfragebogen (Haushaltsmitglieder, die am 31.12. 10 Jahre oder älter waren) insgesamt 10 Euro.

Ziel der IKT-Erhebung ist es, die Möglichkeiten der Bereitstellung vergleichbarer Daten aus den EU-Mitgliedstaaten zu nutzen sowie Informationen über die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien und die Nutzung des Internets in den privaten Haushalten zu gewinnen. Mit diesen Daten kann die Entwicklung der Informationsgesellschaft verfolgt und ihr Einfluss auf soziale und wirtschaftliche Prozesse untersucht werden. Die Ergebnisse der freiwilligen Erhebung stoßen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft sowie bei interessierten Bürger/-innen in Deutschland und Europa regelmäßig auf großes Interesse.

Die Erhebung zur Zeitverwendung der Bevölkerung in Deutschland 2012/2013 erfolgte im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Nach den Jahren 1991/1992 und 2001/2002 war dies die dritte Erhebung dieser Art. Bundesweit nahmen etwa 5 000 Haushalte mit rund 11.000 Personen ab 10 Jahre auf freiwilliger Basis an der §7-BStatG-Erhebung teil, die vom Statistischen Bundesamt in Zusammenarbeit mit den Statistischen Ämtern der Länder durchgeführt wurde. In einem Tagebuch dokumentierte jede Person für drei vorgegebene Tage (zwei aufeinanderfolgende Wochentage sowie ein Samstag oder Sonntag) mit eigenen Worten in 10-Minuten-Intervallen, welche Haupt- und Nebentätigkeit ausgeübt wurde. Neben den Hauptaktivitäten wurden auch gleichzeitig stattfindende Tätigkeiten sowie Aufenthaltsort, benutzte Verkehrsmittel und anwesende Personen erfragt. Um saisonale Verzerrungen und Schwankungen auszugleichen, erfolgte die Erhebung vom August 2012 bis Juli 2013 als Quotenauswahl gleichmäßig verteilt über den Zeitraum von einem Jahr.

Die Angaben aus Tagebuch, Personen- und Haushaltsfragebogen sollen ein umfassendes Bild über die Zeitverwendung privater Haushalte ergeben. Insbesondere werden hier Informationen zur Arbeitsbelastung und Arbeitsteilung in der Familie, zur Kinderbetreuung, zum freiwilligen Engagement, zur Zeitverwendung von Kindern und Jugendlichen sowie zum persönlichen Zeitempfinden gewonnen.

Weiterentwicklung des Systems der Haushaltsstatistiken

Im WSH-Projekt (MZ2020) sollen die nationalen und europäischen Erhebungen neu geregelt werden. Das Mikrozensusgesetz 2005, das Ende 2012 um vier Jahre verlängert worden ist, läuft am 31.12.2016 aus.

Nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Mikrozensus und zur Änderung anderer Statistikgesetze (Bundesrats-Drucksache 279/16 vom 27.05.2016) sollen neben der EU-Arbeitskräftestichprobe (LFS) zusätzlich weitere Erhebungen in den Mikrozensus integriert werden, und zwar ab 2020 EU-SILC als Erhebung mit Auskunftspflicht und IKT ab 2021 weiterhin als freiwillige Erhebung. Der Gesetzentwurf berücksichtigt die gestiegenen Qualitätsanforderungen der Europäischen Union und soll durch die Kombination der verschiedenen Erhebungsteile und der Nutzung einer gemeinsamen organisatorischen und technischen Infrastruktur in den statistischen Ämtern zu Synergieeffekten führen. Außerdem sollen durch einen Mix der Erhebungsmethoden – neben dem klassischen persönlichen Interview durch Erhebungsbeauftragte (CAPI) auch Telefoninterviews (CATI) und langfristig Online-Fragebogen (CAWI) – die Arbeiten rationalisiert werden.

Methoden

Der Mikrozensus ist eine 1-prozentige Zufallsstichprobe über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt, bei der nicht einzelne Personen, sondern bestimmte Gebäude bzw. Gebäudeteile (Etagen/Stockwerke in Großgebäuden) und deren Bewohner für die Befragung ausgewählt werden. Die Auswahl erfolgt nicht willkürlich, sondern. nach einem mathematischen Zufallsverfahren. So wird gewährleistet, dass jede Wohnung die gleiche Wahrscheinlichkeit hat, ausgewählt zu werden.

Ausgewählte Wohneinheiten können nicht gegen andere ausgetauscht werden. Erst diese Vorgehensweise garantiert verlässliche und repräsentative Ergebnisse. Grundlage der Zufallsauswahl ist das bewohnte Bundesgebiet. Es ist in Flächen mit etwa gleich vielen Wohnungen (6 bis 12 Wohnungen) eingeteilt. Von diesen Flächen (Auswahleinheiten) werden per Zufall 1 Prozent der Wohnungen ausgewählt, die zu sogenannten „Auswahlbezirken“ zusammengefasst werden.

Der Mikrozensus wird grundsätzlich als persönliches Interview durch Erhebungsbeauftragte durchgeführt. Die auskunftspflichtigen Haushalte können ihre Angaben aber auch schriftlich (Fragebogen) oder telefonisch machen.

Bei den freiwilligen Haushaltserhebungen handelt es sich im Gegensatz zum Mikrozensus nicht um eine Zufallsstichprobe, sondern um Quotenstichproben. Bei einer Quotenstichprobe wird versucht, eine repräsentative Zusammensetzung der Stichprobe durch die Festlegung von Quoten an bestimmten Merkmalen der Grundgesamtheit herbeizuführen. Die teilnehmenden Haushalte werden entsprechend der Gesamtbevölkerung nach einem Quotenplan bestimmten Haushaltstypen - Gliederung nach Haushaltsgröße, Lebensformen, Erwerbsbeteiligung und Haushaltsnettoeinkommen - zugeordnet.

Die freiwilligen Haushaltserhebungen werden grundsätzlich nur in schriftlicher Form (Fragebogen) durchgeführt.

Klassifikationen, Verzeichnisse, Systematiken

  • Klassifikation der Berufe. Ausgabe 2010 (KldB 2010). Systematisches Verzeichnis
  • Klassifikation der Wirtschaftszweige. Ausgabe 2008 (WZ 2008). Systematisches Verzeichnis
  • Einnahmen und Ausgaben der privaten Haushalte. Ausgabe 2013 (SEA 2013). Systematisches Verzeichnis
  • siehe hier

Rechtsgrundlagen

Rechtsgrundlagen für die nationalen Haushaltserhebungen sind:

  • Gesetz über die Statistik zur Informationsgesellschaft (Informationsgesellschaftsstatistikgesetz – InfoGesStatG) InfoGesStatG
  • Gesetz über die Statistik der Wirtschaftsrechnungen privater Haushalte (PrHaushStatG). PrHaushStatG
  • Gesetz zur Durchführung einer Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und die Arbeitsmarktbeteiligung sowie die Wohnsituation der Haushalte (Mikrozensusgesetz – MZG) vom 7. Dezember 2016 (BGBl. I S. 2826), Geändert durch Artikel 178 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) MZG (pdf, 159.6 KB)
  • Unterrichtungen nach § 17 Bundesstatistikgesetz (BStatG) und nach der Datenschutz-Grundverordnung (EU) 2016/679 (DS-GVO)

Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zum Mikrozensus unter www.mikrozensus.de